Ich kannte Sepp nicht richtig gut, aber lange -  40 Jahren !!  Je älter ich werde, desto mehr bemerke ich, wie wichtig diese Weggefährten sind, die einen so lange Zeit begleiten. Das ist eine eigene Qualität, gibt große Stabilität und Kraft, wenn man mitverfolgen darf, wie jemand zu dem Menschen wird, der er dann war. Staunend und auch bewundernd, wie aus dem jungen Wilden, mit damals langer Mähne und immer seinem milden, spitzbübischen Lächeln, ein ganz großer Künstler wurde. Oft sieht man sich lange Zeit auch nicht, aber man weiß: der andere ist da! Und wenn man sich dann wiedersieht, dann schließt man immer an etwas an, es gibt eine gemeinsame Basis, ein Fundament. Es gibt Menschen, die dir durch ihre Existenz helfen, ganz du selbst zu werden.

So ein Weggefährte und entfernter Freund war Sepp Laubner.

Bei jeder Begrüßung hat Sepp dich lange angeschaut, beide Hände gedrückt, ganz wahrgenommen. Das konnte er, ganz beim anderen sein. Er war für mich ein tiefer Mensch. Einer, der unaufgeregt, besonnen, sanft, auch still, tief getaucht ist. Hinunter, dort wo man nur selbst hinkommt, wenn man sich hinwagt, und wo es eben Freunde braucht, die einem helfen, dort hinzuschauen. Im Reden, auch im Schweigen. Im Betrachten von Bildern, Landschaften, Menschen, Momenten. Die Gedanken und Eindrücke, das Licht, das es erst gibt, wenn die Sonne untergeht, und dann wenn sie wieder aufgeht. Die Zeit dazwischen, zwischen Sonnenunter- und Sonnenaufgang - das war seine Zeit. Gerne umgeben von Menschen, geselliges Beisammen sein, mit Gesprächen, gerne dann auch mit Trinken, mit Wein, Lachen, Lebensfreude, Leicht sein an der Oberfläche. Er war ein Hedonist, im besten Sinne, es gab bei ihm immer viel von allem, zum Genießen. Er hat die Welt gesehen, ist gerne gereist, um dann doch wieder gerne nach Hause zu kommen. Ins Burgenland. Sepp ist auch auf diese seine Weise gegangen. Im Kreise seiner Familie und Freunden, zuhause in seinem Lieblingszimmer mit Blick in den Garten, umgeben von seinen Bildern. Gabi hat diesen friedvollen Abschied für ihn möglich gemacht. 


Ich hab‘ mich in diesen letzten Tagen gefragt, wusste er, wie es um ihn stand? Angst kann den Tod nicht verhindern, aber das Leben. Und das Leben ist ohnehin JETZT. Dafür ist sein Leben auch Beleg. Heute, jetzt, dieser Augenblick ist das Leben. Wie Konstantin Wecker, mit dem er oft und gerne und viele Nächte durchgemacht hat, dichtete:

Jeder Augenblick ist ewig, / wenn du ihn zu nehmen weißt. / Ist ein Vers, der unaufhörlich / Leben, Welt und Dasein preist. // Alles wendet sich und endet / und verliert sich mit der Zeit. / Nur der Augenblick ist immer. // Gib dich hin und sei bereit! / Wenn du stirbst, stirbt nur dein Werden. / Gönn ihm keinen Blick zurück. // In der Zeit muss alles sterben, // aber nichts im Augenblick.

Aufgewachsen ist Sepp Laubner im „Penthouse“, wie er später schmunzeln erzählte, sein Vater war Hausmeister im einstigen Raiffeisen-Haus in Eisenstadt; die Dienstwohnung lag im Dachgeschoß. Zu den schönsten Kindheitserinnerungen zählte es für ihn, wenn der Vater nur einseitig beschriebenen Blätter aus den Büros aussortiert und nach Hause mitgebracht hatte – Sepp hat dann gezeichnet, von Kindheit an. Der Vater war Ansporn, die Mutter der strengere Elternteil. Den Entschluss, auf die Kunstakademie zu gehen – eine Zeichenlehrerin hatte ihm dazu geraten - entgegnete sie mit einem entsetzen: „Jetzt haben wir dich mit Mühe durch die Matura gebracht – und jetzt das?!“ Und dort, auf der Kunstakademie, begann ein neues Leben, sein Leben: „An der Kunst­akademie tat sich die Welt für mich auf, da spürte ich mich endlich" sagte er später. Der Erfolg kam erst nach und nach, bis dahin arbeitete Sepp als Kunsterzieher am Theresianum.

„Wenn du dich für eine künstlerische Laufbahn entscheidest, wenn du so einen Wahnsinnstrip startest, dann musst du irgendwie einen Vogel haben – und den musst du selber füttern“ meinte er. Beim Füttern des Vogels half ihm schließlich auch Robert Schneider, mit dem er die Cselley Mühle gründete, als Aktions & Kulturzentrum, Mitten in den 70er Jahren. Die Spinnerei, dass hier einmal alle Großen auftreten sollten, wurde Realität, Joe Cocker, Konstantin Wecker, Barbara Thompson, Lukas Resetarits und so viele andere, die Mühle war eben nicht nur ein Veranstaltungs-, ein Auftrittsort, Sepp und Robert und ihre Mitstreiter und Mitstreiterinnen gaben ihr Leben, Sinn und Seele. Ein großes Erbe – wie immer die Zukunft der Mühle aussieht, es bleibt die große Aufgabe, diese Seele zu erhalten!

Und dort hat er dann auch sein Atelier eingerichtet, ein Zauberplatz mit Kraft und Weitblick. Ich erinnere mich gut daran, wie er mir erklärt hat, wie er ein Bild beginnt. Eine weiße Leinwand ist schiach, ein Kratzer, ein kleiner Punkt, ein Strich eine Einladung zur künstlerischen Reise. Ein langer Prozess, es verschwinden unter Bildern mehrere Bilder. Die besten Bilder werden oft die, bei denen er kämpfte, die er wegschmeißen wollte, manchmal versteckte er ein Bild sogar, um ein Monat später weiterzumachen. „Etwas Intensiv drängendes“, das war der Titel eines Buches von und über ihn. Intensives Rot – kontrastiert mit hellen und dunklen Tönen, das sind die Farben, die man mit seiner abstrakten Malerei assoziiert, es sind aber keineswegs die einzigen Farbräume, die er erschloss. Ein Anspruch blieb immer: Dass das, was er dann herzeigte, das Beste ist, wozu er imstande war. Kraft, Dynamik und Seele. Der Betrachter sollte immer überrascht werden. „In jedem Bild steckt mein ganzes Leben“ sagte er.
Seine Kunst ging in die Welt, mit Ausstellungen nah und auch fern, mehrfach ausgezeichnet, geehrt, wurde er zum Kulturbotschafter seiner Heimat.

Er hat geliebt, seine Frau Gaby, seine Tochter, seine Enkelkinder, das Leben! Er hat ja gesagt zum Leben. Aber wenn dann plötzlich das Leben nein sagt, dann muss man auch zu diesem Nein ja sagen.

Du kannst dein Leben nicht verlängern, auch wenn du Tag für Tag so agierst. Aber du kannst dir genau die Zeit nehmen, die das Leben braucht, um es Tag für Tag so richtig spüren zu können.

Wenn ihr an Sepp denkt, dann spürt das Leben, spürt seine Wärme. Versucht die richtige Sicht auf die wirklich wichtigen Dinge des Lebens zu bekommen. Reicht Unbekanntem ohne Angst die Hand und nehmt Altbekanntes als kleine Hilfe dazu, um die Richtung im Fall des Falles nicht zu verlieren. Vertraut auf die Klugheit des Herzens, wenn der Wind der Veränderung weht und nehmt euch Zeit, viel Zeit für das, was ihr spürt.
Und jeder Blick in die Weite, in den Himmel, in die Wolken, an strahlend blauen, oder grauen trüben Tagen wird uns lächelnd an Sepp denken lassen. Und wenn dich dann – so Saint Exupery, jemand fragt, warum du gerade lächelst, dann wirst du sagen: der Himmel, der bringt mich immer zum Lachen!

Du hast die Welt schöner, besser gemacht. Danke!